Aus: 'Rufmord' (1981) Die Haeuser waren wohl gerade geraeumt und Klaus-Juergen Ratay noch nicht tot, als sich etwa um halb 2 um die 50 Leute in der Bannmeile des Regierungspalastes zu Schoeneberg einfanden, einen Sitzstreik zu machen. Die Leute diskutierten auf der Rathaustreppe mit AL- und anderen Politikern ueber die gegenwaertige Lage, im Beisein von etwa fuenf grossen Wannen und den daraus entsprungenen Wachtmeistern, die den Leuten so langsam naeherrueckten. Die AL-Leute bezeichneten die Aktion vor dem Oberwachtmeister als oeffentliche Fraktionssitzung, doch dieser stammelte nur noch ein Wort vor sich hin, bevor er fast mit einem Herzinfarkt zusammensackte: "Bannkreis, R"chel!" Und auch die Unterwachtmeister drohten jetzt histerisch "Bannmeile, Bannmeile" zu schreien, als sich herausstellte, dass der Herr Einsatzleiter etwas zu sagen hatte, naemlich, dass oeffentliche Fraktionssitzungen gefaelligst in den Raeumen des Rathauses duchgefuehrt zu werden haben. War aber nich, denn die Offiziellen liessen nur Politiker mit einem gueltigen Berliner Abgeordnetenausweis vordringen, worauf sich auch die AL-leute wieder auf die Treppe begaben. Nun hatte der beflissene Einsatzleiter seinen Grund, die Treppe raeumen zu lassen. Auf die geltende Rechtsordnung und auf die Demonstranten pochend, wurden die Leute ueber die Strasse gejagt/gezerrt, wobei man auch erst daran ging, den fliessenden Verkehr aufzuhalten, als die ersten leute schon auf dem Mittelstreifen der Martin-Luther-(der wuerde sich im Grabe schuetteln!)Str.waren. Es gab auch eine Verhaftung, die anderen Leute wurden nur auf dem Boden rumgezerrt und mit Fusstritten bedacht. Doch diese Art von Blut liess die umstehenden Spiesser kalt. "Sie haetten das viel frueher und haerter raeumen sollen!" Die umliegenden Geschaefte holten schnell ihre Auslagen ins Warme, doch die einzigen, die bis jetzt an diesem Tag Randale machten, waren gruene Chaoten. Und nachmittags ging es dann rum, dass einer dabei unter einen Bus gekommen ist. Zum Schweigemarsch abends vom Olivaer Platz kamen bestimmt 30000 Leute, und friedlich zog der Zug aus Hausbesetzern, Paten aller Art und blitzend fotografierenden Presse- und Verfassungsschutzleuten zum Buelowbogen, um sich dort jaeh in seiner Friedfertigkeit zu beenden. Denn man kam an dem haus vorbei, in dem Lummer seine Pressekonferenz gegeben hatte, und davor stand eine Wanne, und die wurde mit Steinen beschmissen. Zur Ungluecksstelle kam erstmal keiner der Leute aus dem Schweigemarsch, an der Kreuzung Buelow-/Potsdamer Str.flogen Steine und Traenengasgranaten, von hinten durch die Buelowstr.kamen ploetzlich 30 Wannen in zwei Reihen, und dann flog auch hier das Traenengas einen halben Meter ueber unseren Koepfen. Und es ging lange weiter, waehrend sich die Wachtmeister irgendwann vom Ungluecksort verzogen hatten. Davor waren sie noch mehrmals ueber die Blumen, die dort lagen, gefahren und hatten mit Traenengas in die trauernde Menge geschossen. Provokateure, die dort mit Steinen in die Scheiben der anliegenden Bank geschleudert haben, wurden uebrigens genauso angemacht wie der widerliche Bankspiesser, der von dort aus dem 2.Stockwerk einen weissen Porzellanteller auf die Leute schmiss, aber sich wohl doch nicht so ganz traute, richtig zu zielen. Am naechsten Tag viele Geruechte, noch eine Demo, noch mehr Geruechte und eine Nachrichtensperre, die wir jetzt durchbrechen, womit wir uns noch ein Verfahren einhandeln (Kontonummer in Vorbereitung). Jedenfalls gingen am 24.die Geruechte um, dass die ca.70jaehrige Oma, die am 22.mit unter den Trauernden sass und von einer polizeilichen Massnahme in Form einer Traenengasgranate getroffen wurde, gestorben sei. Andere wieder sagten, sie sei lebensgefaehrlich verletzt worden. Dann ein Demonstrant, der von einer Wanne angefahren worden sei, erstmal mitgenommen und dann aus dem Wagen geschmissen. Auf dem Pflaster soll er verblutet sein. Und schliesslich war noch von einem Toten die Rede, aber wie geschrieben, alles Geruechte, aber wozu die Nachrichtensperre, wenn sie nicht doch etwas zu verstecken haetten? Sie sind zwar schon ihrem Ziel mit der Presse- und Informationsfreiheit ziemlich nahe, aber das sie ihm so nahe sind, wer haette das gedacht? Dazu: auch in Frankfurt ging das Geruecht um, dass ein Maedchen bei einer der Startbahnwachtmeisteractions ums Leben gekomemn sei. Das Deutsche Rote Kreuz: Wir duerfen keine Auskuenfte geben. Aus: 'Kreuzberger Hirtenbrief' (1982) |
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